Franziska Fischer – Unsere Stimmen bei Nacht (Rezension)

Buchcover Franziska Fischer Unsere Stimmen bei Nacht
(Copyright: DuMont Buchverlag)

Erscheinungsdatum: 17.05.2023
(DuMont Buchverlag, 300 Seiten, ISBN 978-3832182250)

Erhältlich bei:

Inhalt

Gisela und Herbert wohnen in einer Villa in Berlin, die nach dem Auszug der drei erwachsenen Kinder viel zu groß für die beiden ist. Weil zusätzlich auch das Geld knapp ist, vermieten sie die ehemaligen Kinderzimmer als WG-Zimmer. Schnell finden sich hier verschiedene Menschen aus unterschiedlichen Gründen zusammen: Chemieprofessor Gregor braucht nach der Trennung von seiner Frau eine neue Bleibe und hat seine Teenie-Tochter Alissa mitgebracht, der Student und Musiker Jay sowie Lou, die mit Mitte 30 noch auf der Suche nach ihrem eigenen Weg ist und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, suchten einfach eine günstige Unterkunft.

Die ungewöhnliche Konstellation wird insbesondere durch nächtliche Gespräche in der Küche schnell mehr als eine Zweckgemeinschaft. Gelingt es dem zusammengewürfelten Haufen, für einander zur Wahlfamilie zu werden?

Meine Meinung

Ich hatte vor einiger Zeit bereits „In den Wäldern der Biber“ von Franziska Fischer gelesen, und weil mir dieser Roman so gut gefallen hatte, hatte ich mich auch auf „Unsere Stimmen bei Nacht“ sehr gefreut. Leider bin ich aber enttäuscht worden.

Die ruhige Erzählweise, die mir im Vorgängerbuch noch sehr zugesagt hatte, war mir in diesem neuen Werk dann doch zu ereignisarm. Anfangs dachte ich, dass die eigentliche Geschichte einfach nur langsam in die Gänge kommt, aber irgendwann wurde mir klar, dass der Fokus wohl bewusst auf der Schilderung des ganz normalen Alltags der in der Villa lebenden Personen liegt.

Das wäre vielleicht auch kein Problem für mich gewesen, wenn mich die Charaktere mehr angesprochen hätten. Aber deren Zeichnung war leider die Krux: Keine der Figuren fand ich besonders interessant. Alle haben sie zwar ihr Päckchen zu tragen, eben wie im ganz normalen Leben. Aber etwas wirklich Außergewöhnliches ist niemandem widerfahren, und somit fällt mir leider nur ein Wort für ihre Geschichte(n) ein: langweilig. Zwar wechselt die Erzählperspektive ständig, sodass wir die Gedankengänge und Empfindungen aller WG-Mitglieder kennen lernen, aber eine echte Nähe entstand für mich zu keinem von ihnen. Dazu blieben sie für mich einfach zu austauschbar und blass.

Und so normal die Figuren dargestellt sind, so normal verläuft auch ihr Zusammenleben: Die geschilderte Harmonie ist zwar schön, aber der eine oder andere Konflikt hätte es dann doch sein dürfen. Auch die Geschichte über die französische Jugendliebe einer Figur riss es leider nicht heraus, da ich schon sehr früh ahnte, in welche Richtung dieser Erzählstrang gehen würde, sodass ein Überraschungseffekt ausblieb.

Franziska Fischer hat einen bildreichen und wortgewandten Schreibstil, den ich hier wie auch schon in „In den Wäldern der Biber“ eigentlich gern gelesen habe. Dennoch waren mir in „Unsere Stimmen bei Nacht“ viele Passagen zu gewollt tiefgründig, zu viele Lebensweisheiten waren mir auch in den Dialogen verpackt (insbesondere bei Alissa – welches 15-jährige Mädchen spricht in der Realität so wie sie?). So haben mich alles in allem leider weder die (nicht vorhandene) Story noch deren Präsentation überzeugen können.

Thalia
(*)

Fazit

„Unsere Stimmen bei Nacht“ ist ein Buch für Leser*innen, die es gerne sehr ruhig und unaufgeregt haben und weder Spannung noch größere Konflikte in einer Geschichte erwarten oder brauchen, um Lesegenuss zu verspüren. Auch ich lese Romane dieser Art hier und da durchaus mal mit Freude. Aber ein wenig ereignisreicher als in diesem Buch darf es dann doch gerne zugehen, und etwas mehr Ecken und Kanten dürfen die Figuren auch in einer ruhigen Erzählung haben.

Mich hat dieser Roman leider gar nicht erreicht; aber wenn man in der passenden Stimmung für sehr leise Töne und die Schilderung von Alltagsbegebenheiten ist, dürfte man ihn sicherlich als Bereicherung empfinden.

(Danke an den DuMont Buchverlag und Netgalley für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

Bewertung

Teile den Beitrag

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert