Daniel Glattauer – In einem Zug (Rezension)

Buchcover Daniel Glattauer – In einem Zug
(Copyright: DuMont Buchverlag)

Erscheinungsdatum: 13.01.2025
(DuMont Buchverlag, 208 Seiten, ISBN 978-3755800408)

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Inhalt

„In einem Zug“ – da sitzen zusammen in einem Abteil der schon etwas ältere Liebesromanautor Eduard und Catrin, eine deutlich jüngere (aber nicht mehr ganz junge, ihr „beginnendes mittleres Alter“ wird mehrfach betont) Frau, die sich auffallend für Eduard interessiert. Genauer gesagt, dafür, was er über die Liebe denkt, denn offenbar sieht sie es als einmalige Chance, mehr darüber von jemandem zu erfahren, der sich – als Autor entsprechender Bücher sowie langjährig, nach eigener Aussage glücklich Verheirateter – damit auskennen muss.

Eduard findet das ein bisschen seltsam, aber auch amüsant, und geschmeichelt ist er auch irgendwie über so viel Aufmerksamkeit, denn Catrin gefällt ihm, auch wenn er es nicht so richtig zugeben mag. Also antwortet er bereitwillig und es entspinnt sich ein vierstündiger Dialog, unterbrochen von Eduards Erinnerungen an verschiedene Anekdoten aus seinem Leben.

Meine Meinung

Daniel Glattauer, unter anderem bekannt für seine Briefromane „Gut gegen Nordwind“ und „Alle sieben Wellen“, fährt hier ein altbekanntes Konzept etwas anders gestaltet auf. Der verbale Schlagabtausch zwischen Eduard und Catrin bildet das Herzstück des Romans. Und hätte seine große Stärke werden können – wenn er witzig, originell und tiefgründig gewesen wäre. Leider war das aus meiner Sicht nicht der Fall.

Ich habe den Wortwitz vermisst, der aus Glattauers vorherigen Werken bekannt ist, und darin mit interessanten Introspektionen der Hauptfiguren einherging. Die langsame Erzählweise und das Plätschern der Konversation ohne wirkliche Erkenntnisse vermitteln dagegen in „In einem Zug“ den Eindruck einer gewissen Langatmigkeit. Eduard sinniert über seine Vergangenheit und bemüht sich dabei sowie im Gespräch mit Catrin, bloß nicht wie ein „alter weißer Mann“ zu wirken – und tut in seiner vermeidenden Haltung doch genau das.

So fragte ich mich beständig, ob Eduard auch so ausführlich auf Catrins Fragen reagiert hätte, wenn sie älter und/oder für ihn unattraktiv gewesen wäre. Dieses eher plumpe und eitle Setting hat mir nicht besonders gefallen und ich habe auch nicht ganz verstanden, womit der Autor mit seinem Protagonisten eigentlich hinauswollte. Progressiv und interessant wirkt er – auch in seiner Begeisterung für Alkohol, über die er sehr gerne mal ein Buch schreiben möchte, jetzt, wo er sich für Liebesromane irgendwie zu alt fühlt – jedenfalls nicht.

Aber auch Catrin war für mich keine Sympathieträgerin. Ihr ständiges Fragen und ihr großes Interesse an Eduards Ansichten über die Liebe empfand ich als unangenehm und aufdringlich, und mir erschloss sich nicht, weshalb jemand derart auskunftsfreudig auf das Kreuzverhör einer ihm völlig fremden Person reagieren sollte. Und auch wenn satirische Überzeichnung von Charakteren ein Stilmittel ist, dass der Autor in früheren Romanen durchaus erfolgreich angewandt hat, hatte ich hier im Hinterkopf ständig den Gedanken: Das kann der Glattauer doch besser.

Am Schluss gab es dann noch einen Clou, der als solcher wahrscheinlich überraschen sollte – mich aber leider eher gähnen ließ. Hier hatte ich mir etwas Originelleres vorgestellt und auch gewünscht. Zum Beispiel, dass die Nervensäge Catrin nur Eduards Fantasie entsprungen ist und er am Ende allein aus dem Zug aussteigt – Spoiler: So ist es – leider – nicht.


Thalia
(*)

Fazit

„In einem Zug“ ist ein Roman, der vor allem durch den Dialog der beiden Hauptfiguren geprägt ist. Obwohl der verbale Schlagabtausch zwischen Eduard und Catrin anfangs noch interessant wirkt, fehlt es der Geschichte in ihrer weiteren Entwicklung an Tiefe und spannenden Erkenntnissen. Die langsame Erzählweise und Catrins aufdringliche Neugier sowie Eduards eitle, teils nahezu arrogante Haltung tragen dazu bei, dass der Roman oft langatmig und nichtssagend wirkt.

Aus meiner Sicht definitiv kein Highlight in Glattauers Bibliographie – zum Einstieg empfehle ich eher die beiden bereits genannten Werke „Gut gegen Nordwind“ und „Alle sieben Wellen“ sowie auch den großartigen Gesellschaftsroman „Die spürst du nicht“.

(Danke an den DuMont Buchverlag und Netgalley für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

Bewertung

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