Adriana Popescu – Goldkehlchen (Rezension)

Buchcover Adriana Popescu Goldkehlchen
(Copyright: Piper Verlag)

Erscheinungsdatum: 27.04.2023
(Piper Verlag, 384 Seiten, ISBN 9783492603706)

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Inhalt

Antonia Waller, kurz Toni, ist die Tochter eines berühmten Dirigenten, der sie lieber als Konzertpianistin auf großer Bühne sehen würde, statt in einem Job wie diesem: Toni übernimmt die Leitung des Demenzchors „Goldkehlchen“ in einem Stuttgarter Seniorenheim.

Dort sieht sie sich ungeahnten Herausforderungen gegenüber: Manche Chormitglieder können zwar gut singen, sind menschlich aber schwierig im Umgang, andere nehmen Toni zwar freundlich auf, besitzen aber nur wenig musikalisches Talent, und bei einigen ist die Erkrankung bereits so weit fortgeschritten, dass sie dem Einstudieren der Lieder nur noch sehr begrenzt folgen können. Und mit dieser Gruppe soll Toni auch noch einen Chorwettbewerb in Hamburg gewinnen!

Nach ein paar Startschwierigkeiten geht Toni in ihrer neuen Rolle auf – kann sie am Ende vielleicht sogar ihren Vater davon überzeugen, dass sie bei den „Goldkehlchen“ goldrichtig ist?

Meine Meinung

Adriana Popescu ist eine meiner Lieblingsautorinnen und ich mag nicht nur ihre Jugendbücher wie zuletzt „Unsere Zukunft flirrt am Horizont“ sehr, sondern auch – und vielleicht sogar noch mehr – ihre Romane, die sich an eine etwas ältere Zielgruppe wenden.

Hierzu gehört auch „Goldkehlchen“, eine Geschichte, die mich schon wegen ihrer eher ungewöhnlichen Thematik sehr interessiert hatte. In dem Seniorenheim „Schattige Pinie“ spielte auch schon der Roman „Goldene Zeiten im Gepäck“ von Adriana Popescu, aber dennoch ist „Goldkehlchen“ – trotz einiger Bezüge zwischen den beiden Büchern – nicht etwa eine Fortsetzung davon, sondern kann problemlos eigenständig gelesen werden.

Und genau das habe ich mit sehr großer Begeisterung getan. Die Ich-Erzählerin Toni ist anfangs nicht in allen Belangen sympathisch, wächst aber an ihrer Aufgabe und macht eine glaubwürdige Entwicklung durch. Und was die Chormitglieder angeht: Die meisten von ihnen konnte ich nur in mein Herz schließen, selbst den etwas brummigen „schwäbischen Sinatra“ Valentin Meerbach, der Toni das Leben zwar zunächst etwas schwer macht, insbesondere durch Rückblenden in seiner Vergangenheit aber immer zugänglicher wird.

Apropos Rückblenden: Wohldosiert werden darin Ausschnitte aus den Lebensgeschichten der einzelnen Chormitglieder gezeigt, was ich äußerst gelungen fand. Beim ersten Einschub dieser Art dachte ich noch, die Rückblenden bezögen sich nur auf zwei bestimmte Personen, und freute mich, als sich dies nicht bestätigte und auch die anderen Heimbewohner*innen zum Zuge kamen.

Auch die vielen musikalischen Referenzen haben meistens einen Bezug zur Vergangenheit: Viele Lieder, die der Chor singt, sind mit Erinnerungen seiner Mitglieder verbunden, die in den Rückblenden erzählt werden. Eine schöne Idee der Autorin, das Gestern und das Heute auf diese Weise zu verknüpfen.

Eine kleine Lovestory für Toni wird auch noch eingebettet, die ich zwar ein wenig vorhersehbar fand, aber weil sie so dezent und einfach schön erzählt wird, trug letzten Endes auch sie zu meinem sehr guten Eindruck von diesem Buch bei.


Thalia
(*)

Fazit

Die Goldkehlchen haben sich in mein Herz gesungen – anders kann ich es nicht sagen. Sehr gefühlvoll, aber nicht schmalzig erzählt Adriana Popescu vom zunehmenden Vergessen der Demenzerkrankten, von ihren eigenen Sorgen und denen der Angehörigen, und von der Kraft der Musik, die die Demenz zwar nicht heilen kann, aber in manchen Momenten erträglicher macht.

Fünf Sterne für ein wunderschönes Buch, das ich allen empfehlen kann, die sich dem Thema Umgang mit Demenz mal auf eine ungewöhnliche Art annähern möchten.

(Danke an den Piper Verlag und Netgalley für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

Bewertung

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