Doris Knecht – Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe (Rezension)

Buchcover Doris Knecht – Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
(Copyright: Hanser Berlin)

Erscheinungsdatum: 24.07.2023
(Hanser Berlin, 240 Seiten, ISBN 3446278036)

Erhältlich bei:

Inhalt

Die Ich-Erzählerin, deren Namen wir nicht erfahren, ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder, Zwillinge, die erwachsen geworden sind und ausziehen – Zeit auch für die Protagonistin selbst, sich eine neue Bleibe zu suchen, denn die große alte Wohnung kann sie sich nicht mehr leisten.

Und so mistet sie aus, schwelgt in Erinnerungen, beneidet ihre Freundinnen und ihre Schwestern, die seinerzeit in Wohneigentum investiert haben – und stellt sich immer wieder die Frage: Wie und wo soll ihr Leben weitergehen?

Meine Meinung

Ich hatte viele begeisterte Stimmen zu Doris Knechts Roman „Die Nachricht“ gehört, und bevor ich diesen lesen konnte, erschien mit „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe” ihr neuestes Werk, dem ich deshalb den Vorzug gab.

Und auch, wenn ich mich mit der Figur einer Mutter in ihren 50ern, deren Kinder flügge werden, absolut nicht identifizieren kann – an Scheidewegen im Leben stehen wir alle einmal, früher oder später und aus unterschiedlichen Gründen, und jede*r kennt wahrscheinlich das Gefühl, an irgendeinem Punkt nicht genau zu wissen, wie man die Zukunft gestalten möchte.

Es wird nicht explizit deutlich, aber ich konnte mich beim Lesen nicht des Eindrucks erwähnen, dass es sich um ein autofiktionales Werk handelt und Doris Knecht vielleicht nicht in allen Einzelheiten, aber doch größtenteils von eigenen Erfahrungen und Gedanken berichtet. Ein witziger Kniff war es, die Protagonistin anfangs noch von ihren beiden Töchtern erzählen zu lassen, von denen sich eine aber dann innerhalb der Geschichte darüber beschwert, ständig in den Büchern ihrer Mutter vorzukommen – und ab da nur noch als Sohn auftaucht.

Tatsächlich waren es dann auch die Passagen, in denen die Protagonistin mit ihren Zwillingen – ob nun als weibliches oder gemischtes Doppel 😉 – interagiert, die mir am besten gefallen haben. Die Familie geht liebevoll und herrlich (selbst-)ironisch miteinander um, schlagfertige und witzige Dialoge werden hier präsentiert.

Ansonsten plätschert die Story leider sehr vor sich hin. Die Ich-Erzählerin kreist permanent um sich selbst und die Frage, wie sie nun künftig leben möchte und wie sie an den Punkt gelangt ist, an dem sie heute steht – so richtig interessant fand ich das aber nicht. Es ist ein normales Leben, ein normaler Werdegang – per se natürlich nichts Schlechtes, aber eben auch etwas dünn für einen ganzen Roman.

Einzig Doris Knechts Schreibstil hat mich vollauf überzeugt: Die richtige Mischung aus gewandten Formulierungen, Umgangssprache und einem charmanten österreichischen Einschlag gefiel mir sehr gut. Deswegen konnte ich auch trotz zwischenzeitlich aufkommender inhaltlicher Langeweile stets gut weiterlesen. Und tatsächlich habe ich auch immer noch Lust, „Die Nachricht” zu lesen – die Story verspricht einiges mehr an Spannung, die ich in „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe” leider vermisst habe.

Thalia
(*)

Fazit

„Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe” ist ein mit 240 Seiten eher kurzer Roman, der sich zumindest für mich allerdings deutlich länger anfühlte. Vielleicht liest er sich besser, wenn man mehr Gemeinsamkeiten mit der Ich-Erzählerin hat, als ich es tue. Nun bin ich gespannt, wie mir „Die Nachricht” gefallen wird.

(Danke an Netgalley und Hanser Berlin für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

Bewertung

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