Marie Benedict – Die einzige Frau im Raum (dt. von Marieke Heimburger) (Rezension)

Buchcover Marie Benedict Die einzige Frau im Raum
(Copyright: Kiepenheuer & Witsch)

Erscheinungsdatum: 04.05.2023
(Kiepenheuer & Witsch, 304 Seiten, ISBN 978-3462004922)

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Inhalt

Hedwig Maria Kiesler, eine Wiener Theaterschauspielerin jüdischer Abstammung, flüchtet in den späten 1930er Jahren vor ihrem gewalttätigen Ehemann in die USA und wird zum gefeierten Filmstar in Hollywood. Von nun an nennt sie sich Hedy Lamarr, vergisst aber niemals ihre Herkunft: Als sich die Situation für die europäischen Juden im Dritten Reich dramatisch verschlimmert, plagt Hedy das schlechte Gewissen – wusste sie doch durch die Kontakte ihres früheren Ehemanns, der als Waffenhändler fungierte, ziemlich genau über Hitlers Pläne zur Vernichtung allen jüdischen Lebens in Europa Bescheid. Hätte sie damals schon Warnungen aussprechen müssen?

Die düsteren Selbstzweifel spornen Hedy dazu an, aktiv etwas gegen das brutale Nazi-Regime zu unternehmen, und sie wählt dazu einen höchst ungewöhnlichen Weg: Gemeinsam mit einem Bekannten entwickelt sie ein Abwehrsystem für Torpedos, das die Alliierten im Seekrieg unterstützen soll. Wird sie mit ihrer Erfindung Gehör finden?

Meine Meinung

„Die einzige Frau im Raum“ ist der vierte Band der Reihe „Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte“, in der sich die Autorin Marie Benedict mit wichtigen historischen Frauenfiguren beschäftigt, die in der Realität leider nie ihren verdienten Ruhm erlangt haben. Und das ist wohl das Faszinierendste an der Geschichte von Hedy Lamarr: Sie ist wahr.

Marie Benedict verleiht dieser beeindruckenden Frau eine Stimme, auch wenn es sich nicht um eine klassische (Auto-)Biographie handelt, sondern die Autorin den Stoff zu einem Roman verarbeitet hat. Und doch hat man das Gefühl, dass die Hauptperson selbst aus ihrem Leben erzählt. Ich war ab der ersten Seite gefesselt, sicherlich auch dank der sehr guten Übersetzung, der man sprachlich nicht anmerkt, dass der Text im Original in einer anderen Sprache verfasst wurde.

Wäre diese Geschichte komplett fiktiv, würde ich sie wahrscheinlich als unglaubwürdig einstufen. Eine Schauspielerin ohne jegliche technische Ausbildung, die sehr jung sehr reich geheiratet hat, soll aus einigen mitgehörten Gesprächen und per Selbststudium in der Lage sein, ein ausgeklügeltes Waffensystem zu entwickeln? Die besten Geschichten schreibt das Leben immer noch selbst. Hedy Lamarrs Erfindung trug nicht zuletzt viele Jahre später auch zur Entwicklung moderner Kommunikationstechnologien wie Bluetooth bei, wie wir im Nachwort erfahren.

Der Roman gliedert sich in zwei Teile: Der erste beschreibt Hedys erste Karriere auf den Theaterbühnen Wiens und die Ehe mit Fritz Mandl, der zweite ihren Aufstieg in Hollywood. Und so spannend die Geschichte auch ist und so angenehm sie aus stilistischer Sicht zu lesen war: Leider fand ich die Gewichtung der einzelnen Abschnitte aus Hedys Leben nicht ganz gelungen. Die erste Ehe war aus meiner Sicht, auch wenn sie für Hedy sicherlich sehr prägend und wichtig gewesen ist, zu detailreich geschildert, während mir ihre erfinderische Tätigkeit im zweiten Teil deutlich zu kurz kam.

Vermutlich hat die Autorin diesen Ansatz gewählt, um ihre Leser*innen nicht mit zu vielen technischen Details zu Hedys potentiell bahnbrechender Erfindung zu langweilen (oder zu überfordern) – dass dieser eigentlich wichtigste Aspekt nur im letzten Viertel überhaupt erst erwähnt wurde, war mir aber etwas zu wenig. Schlussendlich endet die Erzählung dann auch schon 1942 – es wäre interessant gewesen, zu erfahren, wie es mit Hedy auch nach ihrer großen Erfindung weiterging, wofür ggf. der erste Teil etwas hätte gekürzt werden können.

Thalia
(*)

Fazit

Dass Hedy Lamarr eine äußerst interessante und vielschichtige Person war, steht außer Frage. In dieser fiktiven Biographie erfahren wir vieles aus ihrem Leben sehr ausführlich, vieles andere bleibt hingegen eher vage, und deshalb blieb mir Hedy auch durchgängig ein wenig fremd. Dennoch ist „Die einzige Frau im Raum“ eine auch aus feministischer Perspektive interessante Anregung zur Beschäftigung mit dieser faszinierenden Persönlichkeit und ihrem Vermächtnis, und ich spreche eine klare Leseempfehlung aus.

(Danke an Netgalley und Kiepenheuer&Witsch für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

Bewertung

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