Claire Winter – Kinder ihrer Zeit (Rezension)

Buchcover Claire Winter Kinder ihrer Zeit
(Copyright: Diana Verlag)

Erscheinungsdatum Hardcover: 27.07.2020
(Diana Verlag, 576 Seiten, ISBN 3453291956)

Erscheinungsdatum Taschenbuch: 11.10.2021
(Diana Verlag, 592 Seiten, ISBN 3453361083)

Erhältlich bei:

Inhalt

Die Zwillinge Emma und Alice werden 1945 als Kinder auf der Flucht aus Ostpreußen getrennt. Beide halten einander für tot, finden sich aber 12 Jahre später in Berlin wieder. Eine gewisse Vertrautheit ist zwar schnell wieder da, aber auch Konflikte lassen nicht auf sich warten: Emma lebt in West-Berlin, Alice im Ost-Teil, und beide sind überzeugt von den unterschiedlichen Systemen, die sich in den beiden Teilen Deutschlands zunehmend Bahn brechen.

Emma merkt schnell, dass Alice ihr etwas verheimlicht, und als ihr Freund, der Ost-Berliner Physiker Julius, Zeuge der Entführung eines Kollegen wird und zwischen die Fronten der konkurrierenden Geheimdienste aus Ost und West gerät, wird auch die Kluft zwischen Emma und Alice immer größer – und vor allem gefährlicher …

Meine Meinung

Die Geschichte wird aus vielen wechselnden Perspektiven erzählt, allen voran natürlich aus der von Emma und Alice, aber im weiteren Verlauf nähern wir uns auch anderen Figuren immer weiter an. Durch die relativ kurzen Kapitel und die Strukturierung in mehrere Teile fand ich das Lesen trotz immerhin knapp 600 Seiten sehr kurzweilig.

Die meisten Personen sind ambivalent gezeichnet, was ich realistisch und gelungen fand. Niemand ist durchgängig sympathisch, niemand – bis auf eine Ausnahme – ausnehmend „böse“ dargestellt. Die eine oder andere Nebenfigur hätte es aus meiner Sicht eventuell nicht gebraucht – ich kam mit den vielen verschiedenen Namen doch ab und an durcheinander; eine große Bewandtnis für das Verständnis der Geschichte hatte das aber nicht.

Interessant war nicht nur der Perspektivwechsel zwischen den verschiedenen Personen, sondern auch der zwischen den unterschiedlichen politischen Situationen im kurz vor der Teilung stehenden Berlin/Deutschland. Beide Seiten kommen ausgewogen zu Wort und werden ebenfalls weder durchgängig rosig beschrieben noch umfassend verteufelt. Der Zeitgeist und auch die Zerrissenheit der Menschen werden überzeugend dargestellt und spürbar.

Ab und zu fiel es mir schwer, alle politischen Hintergründe vollständig zu erfassen, da die Geschichte diesbezüglich doch sehr „beladen“ – und ja, durchaus an der Grenze zu „überladen“ – ist. Dabei kommt aber auch die Schilderung menschlicher Schicksale nicht zu kurz, und hier bleibt Claire Winter, wie meiner Meinung nach schon in „Die geliehene Schuld“, auf dem schmalen Grat zwischen Empathie weckender Emotion und Rührseligkeit stets auf der richtigen Seite.

Thalia
(*)

Fazit

Was auch immer man von diesem Buch halten mag: Man kommt nicht umhin, Claire Winter für die intensive Recherche und die geschickte Verflechtung verschiedenster Themen Respekt zu zollen. Ich kann nicht beurteilen, ob alles Geschilderte historisch zu 100% wasserdicht ist, aber selbst, wenn das eine oder andere im Rahmen der künstlerischen Freiheit hinzugedichtet worden sein sollte: Alles ist schlüssig miteinander verknüpft und trotz sehr vieler Themen, Figuren und Konstellationen nie unglaubwürdig – auch wenn das Ende vielleicht etwas dick aufgetragen war. Mir hat dieser Mix aus Polit-Thriller und historischem Roman einmal mehr gut gefallen und ich empfehle ihn ebenso gern wie auch schon „Die geliehene Schuld“.

Wie es mit den Protagonist*innen weitergeht, ist übrigens im Folgeband „Kinder des Aufbruchs“ nachzulesen!

Bewertung

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