Dörte Hansen – Altes Land (Rezension)
Erscheinungsdatum Hardcover: 16.02.2015
(Albrecht Knaus Verlag, 288 Seiten, ISBN 978-3-8135-0647-1)
Erscheinungsdatum Taschenbuch: 13.03.2017
(Penguin Verlag, 304 Seiten, ISBN 3328100121)
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Inhalt
1945 kommt die kleine Vera mit ihrer Mutter nach dem 2. Weltkrieg als Flüchtling aus Ostpreußen bei einer alteingesessenen Bauernfamilie im Alten Land unter.
Viele Jahre später lebt Vera noch immer auf dem Hof, inzwischen allein und trotz der langen Zeit nie richtig heimisch geworden, als plötzlich ihre Nichte Anne aus Hamburg mit ihrem kleinen Sohn nach der Trennung vom Kindsvater vor ihrer Tür steht und mit in das alte Bauernhaus einzieht. Wird diese ungewöhnliche Familienkonstellation funktionieren?
Meine Meinung
Sehr gut gefallen hat mir die Atmosphäre in „Altes Land“. Ich bekam einen Einblick in das Leben und das Miteinander in der Gegend und konnte sie mir bildlich vorstellen, ohne je dort gewesen zu sein. Auch Dörte Hansens bildhaften Schreibstil und den immer mal durchblitzenden trockenen Humor mochte ich.
Die Geschichte konnte meine Erwartungen hingegen leider nicht ganz erfüllen. Zugunsten der Schilderung allerlei verschrobener Dorfcharaktere und Anekdoten aus der Vergangenheit, deren Relevanz sich mir an manchen Stellen nur bedingt erschloss, kam die Thematik „Flucht aus Ostpreußen“ für meine Begriffe viel zu kurz.
Ich habe auch nicht verstanden, was genau Anne zu ihrer Tante getrieben hat, und wieso sie einfach so selbstverständlich bei ihr wohnen kann und will – vorher scheinen die beiden nicht allzu viel Kontakt gehabt zu haben. Ich hätte mir vorgestellt und auch gewünscht, dass die Annäherung zwischen den beiden Frauen nachvollziehbarer dargestellt wird.
Gesprochen wird in diesem Roman allerdings generell sehr wenig, und wenn, dann oft auf Plattdeutsch. Das steigert natürlich die Authentizität – Dörte Hansen ist selbst mit Plattdeutsch als Muttersprache aufgewachsen –, dürfte für einige Leser:innen aber teils schwer verständlich sein. (Selbst ich hatte mit einigen Passagen meine Schwierigkeiten, obwohl ich als Norddeutsche mit dem Plattdeutschen durchaus ein wenig vertraut bin. Übersetzungen in Fußnoten wären manchmal nicht verkehrt gewesen.)
Ein bisschen frage ich mich auch, wie die Wortkargheit in der Verfilmung gelöst wurde, die ich mir wahrscheinlich einfach aus dieser Neugier heraus noch ansehen werde. Im Buch habe ich leider nach etwa zwei Dritteln endgültig gemerkt, dass es wohl keinen richtigen Spannungsbogen geben wird, was ich sehr schade fand.
Fazit
„Altes Land“ hat mich mit einem gemischten Eindruck zurückgelassen. Ich wollte das Buch gerne mögen, aber letztendlich habe ich einen roten Faden vermisst und nicht so recht verstanden, worum es (der Autorin) eigentlich geht. Die Flüchtlingsthematik bot interessante Ansätze und natürlich auch Parallelen zu aktuellen Ereignissen, wurde mir dafür aber zu knapp gehalten.
Am ehesten habe ich „Altes Land“ daher als Sammlung von Unterschieden zwischen – sehr klischeehaft gezeichneten – Dorf- und Stadtmenschen aufgefasst. Dies hat mich an vielen Stellen amüsiert, aber leider nicht dazu gereicht, mich vollends zu überzeugen.
(Man sagte mir übrigens mal, ich sei für das Buch vielleicht einfach noch zu jung gewesen (Mitte 30 zum Zeitpunkt des Lesens). Vielleicht gefällt es etwas älteren Leser.innen ja tatsächlich tendenziell besser? Für mich war jedenfalls eher „Mittagsstunde“ von Dörte Hansen etwas.)