Ewald Arenz – Zwei Leben (Rezension)

(Copyright: DuMont Buchverlag)

Erscheinungsdatum: 13.09.2024
(DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG, 368 Seiten, ISBN 978-3832182052)

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Inhalt

In „Zwei Leben“ erzählt Ewald Arenz die Geschichte von zwei Frauen in einem fränkischen Dorf Anfang der 1970er Jahre. Gertrud, Pfarrersfrau, stammt aus Hamburg und ist in ihrer neuen Heimat nie wirklich angekommen, sondern sehnt sich zurück nach der Großstadt. Ihr Sohn ist bereits erwachsen, die Ehe erfüllt sie nicht mehr. Eines Tages erhält sie die Möglichkeit, mit ihrem Bruder auf eine lange Reise zu gehen – wie wird das ihr Leben verändern?

Roberta ist Anfang 20 und kehrt nach einer Schneiderlehre in der Stadt zurück auf den elterlichen Bauernhof. Obwohl sie die Natur und das Landleben liebt, träumt sie davon, als Modedesignerin zu arbeiten. Das Pflichtgefühl ihrer Familie gegenüber hält sie zurück – aber zunehmend auch Wilhelm, ihr Freund aus Kindertagen und Gertruds Sohn. Und so wird das Schicksal die beiden Frauen in einer Weise zusammenführen, die zunächst niemand erwarten konnte …

Meine Meinung

Ewald Arenz gelingt es meisterhaft, die inneren Konflikte und Sehnsüchte der beiden Hauptfiguren  darzustellen. Beide Frauen sind hin- und hergerissen zwischen Konventionen und Selbstbestimmung. Mit viel Feingefühl und einer warmherzigen Erzählweise beleuchtet der Autor ihre Herausforderungen und Träume und was sie daraus machen. Besonders hervorzuheben ist, wie gut Arenz aus der Perspektive von Frauen erzählen kann. Er schafft es, die Gedanken- und Gefühlswelt von Gertrud und Roberta authentisch und einfühlsam zu vermitteln, was dem Roman eine besondere Tiefe verleiht.

Mit Robertas Opa gibt es außerdem eine äußerst sympathische Nebenfigur – die Passagen, in denen Roberta sich ihm anvertraut und auch ihrerseits immer mehr über seine Vergangenheit erfährt, habe ich mit am liebsten gelesen.

Auch atmosphärisch schafft Arenz schafft eine eindrucksvolle Dichte. Das fränkische Dorf der 1970er Jahre wird lebendig und detailreich beschrieben, sodass man als Leser*in das Gefühl hat, selbst Teil dieser Welt zu sein. Die Beschreibungen der Landschaft, der Jahreszeiten und des dörflichen Lebens sind so plastisch, dass sie nahezu filmisch wirken.

Und doch: Diese Stärke ist aus meiner Sicht auch eine der größten Schwächen des Romans. Einige Beschreibungen, zum Beispiel die teils sehr detaillierten Schilderungen der Arbeit auf dem Bauernhof, fand ich nur mäßig interessant und zu langatmig. Das Ende des Buchs empfand ich zudem als zu rührselig, was den Gesamteindruck etwas trübt. Die emotionale Intensität, die Arenz aufbaut, wirkt am Schluss übertrieben und nimmt dem Roman etwas von seiner Authentizität.

Thalia
(*)

Fazit

„Zwei Leben” ist ein Roman mit Potenzial, der jedoch nicht ganz an die Qualität anderer Werke von Ewald Arenz heranreicht – besonders hervorzuheben sind hier „Alte Sorten“ und „Der große Sommer. Die Geschichte von Gertrud und Roberta bietet interessante Ansätze und wird durch die authentische Darstellung ihrer Perspektiven bereichert, blieb aber alles in allem hinter meinen Erwartungen zurück. Arenz’ Fähigkeit, aus der Sicht von Frauen zu erzählen, ist beeindruckend und verleiht dem Roman eine besondere Tiefe. Dennoch hätte die Geschichte von einer strafferen Erzählweise und einem weniger rührseligen Ende profitiert.

Bewertung

(Danke an Netgalley und den DuMont Buchverlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

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