Jessica Lind – Kleine Monster (Rezension)

Buchcover Jessica Lind Kleine Monster
(Copyright: Hanser Berlin)

Erscheinungsdatum: 22.07.2024
(Hanser Berlin, 256 Seiten, ISBN 978-3446281448)

Erhältlich bei:

Inhalt

Pia und Jakob, die Eltern des siebenjährigen Luca, werden in die Schule beordert – es gab einen Vorfall zwischen Luca und einer Mitschülerin. Was genau passiert ist, bleibt unklar. Während Jakob das Ganze herunterspielt, geht Pias Gedankenkarussell an: Ist Luca „böse“, kann er das in seinem Alter überhaupt schon sein? War auch ihre (Adoptiv-)Schwester Romi böse und hat vor vielen Jahren den Tod der jüngeren Schwester Linda verschuldet oder zumindest vertuscht, was wirklich passiert ist?

Pia verliert sich in Erinnerungen an die Vergangenheit und ihren vielen unbeantworteten Fragen, und langsam beginnt die Grenze zwischen damals und heute zu verschwimmen …

Meine Meinung

Ich war nach vielen Vorschusslorbeeren sehr gespannt auf dieses Buch. Und den Einstieg fand ich dann auch äußerst vielversprechend: Ein spannendes Setting, ein sehr fesselnder Schreibstil und geschickt verwobene Fährten in die Vergangenheit, die unmittelbare Auswirkungen auf die Gegenwart haben. Pia ist jetzt selbst Mutter, im Inneren aber auch noch das Kind, das ihre kleine Schwester bei einem tragischen Unfall verloren hat und bei weitem nicht alles verstehen konnte, was damals vor sich ging. Noch heute sucht sie nach Antworten, in sich selbst und den eigenen Erinnerungen, aber auch im Gespräch mit ihrer Mutter. Doch immer kommt dieselbe Antwort: Das verstehst du (immer noch) nicht, ich kann dir nicht alles sagen.

Viele ihrer Ängste und düsteren Ahnungen in Bezug auf ihre ältere Schwester Romi überträgt Pia auf ihren eigenen Sohn, beobachtet ihn argwöhnisch und rätselt darüber, ob er böse Absichten haben könnte. Hier lag für mich aber eine große Krux: Der nie näher definierte Vorfall in der Schule wird kaum aufgearbeitet. Jakob tut das Ganze ab, Pia steigert sich hinein, in der Schule ist das Ganze nach dem ersten großen Wirbel schnell wieder nahezu vergessen – aber wo bleibt Luca dabei, wie geht es für ihn weiter?

Im Fokus der Geschichte steht vielmehr tatsächlich Pias Kindheit, aber ihre Erinnerungen sind lückenhaft und schienen mir auch nicht immer schlüssig. Und so verlor mich die Geschichte irgendwo auf etwa halber Strecke. Das konnte leider auch der recht fulminante Schluss nicht mehr herausreißen. Miträtseln ist gut und schön, aber ich präferiere grundsätzlich doch mehr „Licht im Dunkeln“ am Ende, und die Erkenntnis, was denn nun „wirklich“ passiert ist – auch wenn man das vielleicht nicht immer ganz klar sagen kann. In „Kleine Monster“ bleibt jedenfalls sehr vieles offen, zu dem ich mir eine Auflösung gewünscht hätte.

Thalia
(*)

Fazit

Zu der grundsätzlichen Thematik „Können Kinder böse sein?“ gefiel mir „Der Verdacht“ von Ashley Audrain deutlich besser. Den subtilen Horror, den viele Leser*innen auch „Kleine Monster“ zusprechen, fand ich hier deutlich spürbarer.

So hat mich „Kleine Monster“ leider nicht ganz so sehr erreicht, wie ich es mir gewünscht hätte. Mit einer für mich passenderen Geschichte würde ich aber sehr gern mehr von Jessica Lind lesen, denn geschrieben fand ich das Buch großartig und trotz der Punkte, die mir weniger gefallen haben, sehr einnehmend.

Bewertung

(Danke an Netgalley und Hanser Berlin für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

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