Katja Bigalke & Marietta Schwarz – Midlife (Rezension)
Erscheinungsdatum: 14.03.2023
(Aufbau Verlage, 256 Seiten, ISBN 9783841232199)
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Inhalt
Die Lebensmitte – ein Zeitraum, den die Autorinnen Katja Bigalke und Marietta Schwarz grob auf das Alter zwischen 35 und 55 eingrenzen, dem sich aber prinzipiell alle Menschen zuordnen können, die sich zwar noch nicht als alt, aber eben auch nicht mehr als jung empfinden. Was verändert sich in dieser Zeit für uns – körperlich, gesundheitlich, beruflich?
Und nicht nur wir selbst werden ja älter, sondern auch die Menschen um uns herum: Da kann es Eltern geben, die möglicherweise gebrechlich werden, Kinder, die ggf. das Nest verlassen, Freund*innen, zu denen sich der Kontakt aus unterschiedlichsten Gründen entweder intensiviert oder verflacht. Und auch Partnerschaften werden in dieser Zeit vielleicht neu ausgelotet, beendet oder begonnen.
Vor diesen Hintergründen beleuchten die Autorinnen, wie das Leben „in der Mitte“ aussehen kann – was vielen Menschen, die sich darin befinden, gemeinsam ist, aber auch, wie vielfältig es sich in einzelnen Aspekten gestalten kann.
Meine Meinung
„Midlife“ ist auch der Titel des Podcasts der beiden Autorinnen, den sie hiermit nun in Buchform gegossen haben. Es ist kein klassischer Ratgeber zum besten Umgang mit – zum Beispiel – der Menopause für Frauen, sondern eine eher essayistische Ansammlung von Anekdoten aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz und dem ihrer Freund*innen und Bekannten.
Dabei geht es zwar gleichermaßen um die Erfahrungen von Frauen wie Männern, allerdings erhebt das Buch auch einen feministischen Anspruch und zeigt Themen wie unterschiedliche verteilte Care-Arbeit und Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt auf, die mit zunehmendem Alter nicht unbedingt abnimmt. Und apropos „abnimmt“: Auch die Frage, ob man als ältere und womöglich etwas kurvige Frau bestimmte Kleidung noch tragen „darf“, wird ausführlich erörtert und aus verschiedenen Perspektiven diskutiert.
Auch sonst kommen viele unterschiedliche Themen auf den Tisch – sicher ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aus meiner Sicht aber durchaus sehr umfassend. Wie vermutlich bei Literatur zu jeder Lebensphase wird hier so gut wie jede*r Anknüpfungspunkte zum eigenen Leben finden: Körperliche und soziale Veränderungen betreffen alle von uns auf die eine oder andere Art. Ich fand die Einblicke hierzu ausgewogen, und, da neben den persönlichen Erfahrungsberichten auch wissenschaftliche Erkenntnisse herangezogen werden, überzeugend und nachvollziehbar dargestellt.
Ein wenig befremdlich wirkte auf mich das letzte Kapitel zum Thema „Rausch“: Nein, die Autorinnen plädieren nicht für Drogenmissbrauch, aber durchaus für den einen oder anderen „Exzess“, den man sich auch in etwas fortgeschrittenem Alter noch gönnen soll, um „sich lebendig zu fühlen“. Falsch ist es natürlich nicht, dass intensive Momente und Erlebnisse uns alle mal aus unserem Alltagstrott reißen sollten – aber wie genau man das definiert, sollte jedem selbst überlassen sein, und sicherlich gibt es hierfür auch noch andere Optionen als den „Rausch“.
Fazit
Mit 38 Jahren befinde ich mich wohl noch eher am Beginn meines eigenen „Midlife“ per definitionem, konnte mich aber in einigen Aspekten durchaus schon wiederfinden. Andere erschienen mir hingegen noch weit weg, und manche werde ich vielleicht / hoffentlich nie selbst erleben. Dennoch nehme ich keineswegs den Eindruck mit, dass man vor dem Älterwerden ausschließlich Angst haben muss – den Autorinnen gelingt es, auch positive Aspekte aufzuzeigen und den Mut zu vermitteln, dieser Lebensphase stark und bewusst entgegenzusehen.
Bewertung
(Danke an Aufbau Verlage und Netgalley für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)