Nadine Pungs – Nichtmuttersein (Rezension)

Buchcover Nadine Pungs Nichtmuttersein
(Copyright: Piper Verlag)

Erscheinungsdatum: 28.07.2022
(Piper Paperback, 240 Seiten, ISBN 3492062873)

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Inhalt

Nadine Pungs möchte nicht Mutter sein. Genauso wie ihr geht es zwar sicher nicht der Mehrheit, aber doch einer beträchtlichen Anzahl von Frauen, und diese werden von der Gesellschaft immer noch allzu oft als unnormal, egoistisch oder unqualifiziert für eine selbstbestimmte Entscheidung („Warte mal ab, bis du den Richtigen findest!“) abgestempelt.

Die Autorin setzt sich in ihrem Buch damit auseinander, dass für manche Frauen nun mal das „Nichtmutterglück“ die höchste Erfüllung bietet – und warum das vollkommen in Ordnung ist.

Meine Meinung

Nadine Pungs beginnt ihr Buch mit einer Sammlung von Plattitüden, die sich wahrscheinlich jede Frau, die keine Kinder hat, spätestens in ihren 30ern von verschiedenen Seiten anhören muss: vom oben erwähnten Spruch über „Magst du etwa keine Kinder?“ bis hin zu „Was machst du denn sonst, ist dir nicht langweilig?“ und dem Klassiker „Hast du keine Angst, im Alter allein zu sein?“. Und alles läuft hinaus auf eine einzige Grundüberzeugung, die tief in vielen Gesellschaften aus aller Welt verankert ist: Ausnahmslos jede Frau ist dazu gemacht, Mutter zu sein, und alle Wünsche, die davon abweichen, sind entweder vollkommen abwegig oder wurden von der jeweiligen Frau einfach noch nicht richtig durchdacht.

Warum genau das eben nicht zutrifft – und, für all diejenigen, die Angst vor dem Aussterben der Menschheit haben: auch nicht zutreffen muss, damit es „uns“ weiterhin gibt -, erläutert die Autorin dann in einem weiten Bogen aus geschichtlichen Begebenheiten wie der Entwicklung des sog. Antinatalismus, aber auch immer wieder anhand persönlicher Erfahrungen, die sie selbst und Frauen in ihrem Bekanntenkreis gemacht haben. Sie zeigt auf, dass dieses Thema, das das urpersönlichste Recht der Frau auf Selbstbestimmung über ihren Körper und ihren ganz eigenen Lebensweg berührt, nach wie vor ein Politikum ist – im Kleinen wie im Großen.

„Nichtmuttersein“ ist allerdings keinesfalls ein Plädoyer gegen das Kinderkriegen, sondern im Gegenteil eines für die Akzeptanz unterschiedlichster Lebensentwürfe und für die Verständigung von Menschen mit und ohne Kinderwunsch. Die Gründe dafür oder dagegen, Kinder haben zu wollen, sind vielfältig und individuell und müssen auch nicht im Einzelnen von allen anderen verstanden werden – mit etwas mehr Toleranz für einander wäre hingegen allen Seiten geholfen.

Apropos: Ich teile persönlich auch nicht jede einzelne von Nadine Pungs‘ teils ziemlich radikalen Thesen, habe aber großen Respekt davor, dass sie offen auch mit Themen wie ihrem eigenen Schwangerschaftsabbruch umgeht und damit anderen Frauen Mut macht, ebenfalls freie Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen.

Waren also alle Argumente der Autorin für das „Nichtmutterglück“ für mich schlüssig dargestellt, habe ich doch hier und da eine gewisse – sicher bewusst eingesetzte – Polemik erkannt. Das ist nicht ganz mein Geschmack als Stilmittel, auch wenn ich die Wut, die dazu geführt haben mag, nachvollziehen kann. Dies ist aber die einzige kleine Kritik, die ich an diesem Buch üben möchte, und sie soll auch nicht zu einem Punktabzug führen – dazu ist die Thematik zu wichtig und in diesem Werk insgesamt einfach zu überzeugend ausgestaltet.

Thalia
(*)

Fazit

Nadine Pungs hat mit „Nichtmuttersein“ ein eindrucksvolles Buch verfasst, das ich allen ans Herz legen kann, die sich Kinder wünschen oder auch nicht. Die eine Seite wird sich verstanden fühlen, die andere im besten Fall mehr Verständnis für die andere Perspektive entwickeln – oder zumindest mehr Akzeptanz der Tatsache, dass es diese andere Perspektive nun einmal auch gibt und keine Frau dafür verurteilt oder auch „nur“ schief angeguckt werden sollte, nicht Mutter sein zu wollen.

Eine ebenfalls sehr empfehlenswerte literarische Bearbeitung desselben Themas findet sich in „Nie nie nie“ von Linn Strømsborg.

Bewertung

(Danke an den Piper Verlag und Netgalley für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Keine weitere Vergütung erhalten.)

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